Jacob Bannon, Sänger CONVERGE |
Die erste Band des Abends, die Franzosen BIRDS IN ROW, setzten trotzdem pünktlichst dazu an, die Raumtemperatur doch noch etwas höher zu schrauben. Mit kraftvollen Riffs und heiserem Geschrei lockten sie relativ schnell die Konzertbesucher vor den Bühnengraben. Obwohl sich die Band vorzugsweise schüchtern hinter ihren Haaren versteckte, sprang der Funken relativ früh über und es wurde kräftig mitgewippt bzw. ansatzweise gemosht. Wie für Vorbands - in diesem Fall leider - typisch, war die Spielzeit lediglich auf etwa eine halbe Stunde begrenzt. Diese wurde jedoch von BIRDS IN ROW sehr gut ausgenutzt und war ein gelungener Auftakt für den Konzertabend.
Nach einer relativ flotten Umbau- und Soundcheck-Phase ging's auch gleich mit RISE AND FALL aus Belgien. Stilistisch bewegten sich die vier Herren in einem ähnlichen Gefilde wie BIRDS IN ROW, wenn auch einen Tick kraftvoller, dynamischer und treibender. Sänger Björn flitzte von einer Bühnenecke zur anderen und sparte sich so wohl das Joggen am nächsten Morgen.
Auch dieser Auftritt war gefühlsmäßig zu schnell vorbei, doch der knappe Zeitplan drängte.
DARKEST HOUR - wie zum Teufel konnten diese genialen Washingtoner so lange unter meinem Radar fliegen? Diese fünf Musiker verkörpern modernen Melodic Death Metal, so wie er für mich aussehen, sich anfühlen und -hören muss. Brachiale Gitarrenriffs, treibende Drums, ausgewogene Vocals und eine ansprechende Bühnenshow mit vielen gemeinsamen Posen, etc.
DARKEST HOUR - sehr gerne wieder!
Noch einmal wurden die Instrumente und Verstärker umgebaut, das riesige Convergebanner aufgehängt und ein Soundcheck durchgeführt. Dann war es so weit - CONVERGE; die Band, die im Alleingang eines der komplexesten und unangenehmsten Genres der Welt aus dem Boden gestampft hat - "Mathcore", "Extreme Hardcore", wie man es auch nennen will. Wie groß doch meine Vorfreude, wie hoch doch meine Erwartungen waren ... wie bitter doch der Nachgeschmack war, den die Bostoner zurück ließen.
Bei CONVERGE rechnet man eigentlich damit, dass von der ersten Minute an 170 % Gas gegeben wird. Man erwartet, dass die Trommelfelle leiden und die Energie beinahe unverzüglich von der Band auf's Publikum überspringt. Zumindest ICH habe das erwartet und erhofft.
Doch daraus wurde nix.
"Jane Doe" als Opener zu wählen, scheint etwas eigenartig, denn der Song - bei aller Genialität und Emotion, die in ihm steckt - ist einfach zu langsam, versetzt eher in eine depressive Stimmung. Lediglich aus fotografischer Sicht war der elfminütige Auftakt eine angenehm Überraschung, die einem genug Zeit verschaffte um sich gemütlich auf die Beleuchtung einzuschießen.
Na gut, zumindest der nächste Track versprach Besserung: "Dark Horse", welcher übrigens über eines der kränksten Gitarrenriffs verfügt, besaß die richtige Geschwindigkeit, Mitschreipotential und Energie, die für Moshpits und abdrehende Fans nötig ist - sehr gut!
Die gerade erweckten Hoffnungen wurden aber sogleich wieder zerstört, denn der nächste Song im Programm war "Heartache". Dieser "leidet" mehr oder weniger unter den selben Symptomen wie "Jane Doe" - zu langsam für die ersten Hälfte eines Konzertes. Die gesamte Setlist findet man übrigens schon auf setlist.fm. Da kann sich jeder selbst ein Bild davon machen. Ich habe auf jeden Fall Songs wie "To The Lions", "No Heroes" oder "Distance and Meaning" vermisst. Auch schade, aber leider ziemlich fix, war, dass die ruhige, melancholische Ballade "Ten Cents" es wieder mal nicht in's Programm geschafft hat.
Kommen wir zum nächsten und gleichzeitig letzten Kritikpunkt: Die Dauer! Eine Stunde und zehn Minuten sind definitiv zu kurz für einen Headliner/Hauptact. Als es nach "Last Light" hieß, dass dies der letzte Song gewesen sei, dachte ich lediglich: "Ja klar, den Schmäh kenn' ich schon von IRON MAIDEN!" Dort hieß es nämlich ebenfalls, dass jetzt Schluss sei und in Wirklichkeit begann dann erst der zweite Konzertteil. Nicht so bei CONVERGE. "Last Light", Band runter von der Bühne, Band wieder rauf auf die Bühne, zwei Zugaben - Schicht im Schacht.
Das war sehr schade und der Hauptgrund, warum ich von dem Konzert nicht so sehr begeistert bin.
Aber bevor der Eindruck entsteht, dass es nichts positives gab, kommen hier noch ein paar nette Worte über Bannon & Co.'s Wienstop:
Musikalisch war's sowieso ein Hochgenuss. CONVERGE haben ihre Instrumente perfekt im Griff und die komplexen Songstrukturen sitzen natürlich ohne Wenn und Aber.
Die gesamte Band hat außerdem Charisma, das kann man nicht abstreiten und es macht einfach Laune, Sänger Jacob Bannon bei seinen theatralischen Posen und der extrem verzerrten Gesichtsmimik zuzusehen. Auch bedankte er sich laufend für das zahlreiche Erscheinen und wie wunderbar es ist, weit weg von zuhause so willkommen zu sein. Drummer Ben Koller hatte ebenfalls sichtlich seinen Spaß hinter den Trommeln und bildete so einen Gegenpol zu den angestrengt-konzentrierten Minen von Bassist Newton und Gitarrist Ballou.
Trotz alledem bin ich nach wie vor wieder dabei, sollten sich die Herren erneut nach Wien/Österreich verirren, denn CONVERGE sind live einfach ein Erlebnis - egal wie die Setlist aussieht!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen